Kann eine ausreichende Omega 3 Versorgung eine Alzheimererkrankung bei Frauen verhindern?
Neue Erkenntnisse über geschlechtsspezifische Risikofaktoren In der Forschung zur Alzheimer-Krankheit zeichnet sich ein bedeutsamer Trend ab: Etwa zwei Drittel aller Betroffenen sind Frauen. Eine neue Studie britischer Wissenschaftler liefert nun wichtige Erkenntnisse, warum Frauen häufiger an dieser neurodegenerativen Erkrankung leiden. Die Untersuchung zeigt, dass der Unterschied nicht allein auf die höhere Lebenserwartung von Frauen zurückzuführen ist, sondern dass komplexe biochemische Prozesse – insbesondere im Fettstoffwechsel – eine entscheidende Rolle spielen könnten.
Geschlechtsspezifische
Unterschiede bei Alzheimer:
Mehr als nur
eine Frage des Alters. Bislang wurde die Tatsache, dass Frauen häufiger von
Alzheimer betroffen sind als Männer, hauptsächlich mit ihrer höheren
Lebenserwartung erklärt. (75% der Alzheimer Erkrankten sind Frauen )
Die
Annahme war einfach: Je länger man lebt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, an
Alzheimer zu erkranken.
Doch neuere
Forschungen, insbesondere die aktuelle Studie britischer Wissenschaftler des
King's College London und der Queen Mary University London, weisen auf
tiefgreifendere biologische Unterschiede hin. Diese im August 2025 in der
Fachzeitschrift „Alzheimer's & Dementia" veröffentlichte Studie ist
eine der wenigen, die gezielt geschlechtsspezifische Aspekte der
Alzheimer-Krankheit untersucht.
Die Forscher
analysierten Blutproben von insgesamt 841 Personen – darunter Menschen mit
Alzheimer-Diagnose, Personen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen sowie
kognitiv gesunde Erwachsene als Kontrollgruppe.
Der
innovative Ansatz der Studie bestand darin, nicht nur nach den üblichen
Biomarkern für Alzheimer zu suchen, sondern gezielt 268 verschiedene
Fettmoleküle zu analysieren und dabei geschlechtsspezifische Unterschiede zu
berücksichtigen. Diese detaillierte Betrachtung ermöglichte es den Forschern,
Muster zu erkennen, die bei einer allgemeinen Betrachtung möglicherweise
übersehen worden wären.
Die
Ergebnisse sind bemerkenswert: Frauen mit Alzheimer zeigen ein deutlich verändertes
Fettsäureprofil im Vergleich zu gesunden Frauen, während bei Männern mit und
ohne Alzheimer keine vergleichbaren Unterschiede festgestellt wurden. Diese
geschlechtsspezifischen Unterschiede könnten erklären, warum Präventions- und
Behandlungsansätze bei Frauen und Männern unterschiedlich wirksam sein könnten.
Die
entscheidende Rolle von Omega-3-Fettsäuren bei der Gehirngesundheit von Frauen
Der
vielleicht wichtigste Fund der britischen Studie betrifft den Zusammenhang
zwischen ungesättigten Fettsäuren und der Alzheimer-Erkrankung bei Frauen. Die
Forschungsergebnisse zeigen, dass Frauen mit Alzheimer deutlich niedrigere
Werte an mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Blut aufweisen – insbesondere an
den lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren.
Diese Fettsäuren spielen eine entscheidende
Rolle für die Funktion und Gesundheit der Nervenzellen.
Omega-3-Fettsäuren,
die vor allem in fettem Fisch wie Lachs, Makrele und Hering, aber auch in
Leinsamen, Chiasamen und Walnüssen vorkommen, sind bekannt für ihre
neuroprotektiven Eigenschaften. Sie unterstützen die Bildung und Funktion von
Synapsen, den Verbindungsstellen zwischen Nervenzellen, und können
Entzündungsprozesse im Gehirn reduzieren.
Die Studie
ergab zudem einen direkten Zusammenhang zwischen dem Niveau dieser gesunden
Fettsäuren und der kognitiven Leistungsfähigkeit: Je höher die Werte an
ungesättigten Fettsäuren im Blut waren, desto besser schnitten die Probanden
bei kognitiven Tests ab. Dies deutet darauf hin, dass diese Fettsäuren nicht
nur für die Gesundheit der Nervenzellen wichtig sind, sondern möglicherweise
auch als Biomarker für die Früherkennung von Alzheimer dienen könnten.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Veränderungen im Fettsäureprofil bereits
bei Frauen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung nachweisbar waren – also in
einem Stadium, das der eigentlichen Alzheimer-Erkrankung vorausgeht.
Dies
eröffnet möglicherweise neue Wege für eine frühzeitige Intervention, bevor
irreversible Schäden im Gehirn entstehen. Gleichzeitig fanden die Forscher im
Blut von Frauen mit Alzheimer erhöhte Werte von Entzündungsmarkern und
Indikatoren für Nervenschädigungen.
Dies legt
nahe, dass ein Mangel an gesunden Fettsäuren möglicherweise mit schädlichen
Veränderungen im Gehirn in Verbindung steht und zu entzündlichen Prozessen
beitragen kann, die letztendlich zum Absterben von Nervenzellen führen.
Veränderungen
im Fettstoffwechsel: Warum Frauen besonders betroffen sind
Die
Ergebnisse der britischen Studie werfen eine zentrale Frage auf: Warum zeigen
sich die Veränderungen im Fettstoffwechsel ausschließlich bei Frauen und nicht
bei Männern mit Alzheimer?
Die Antwort
könnte in den komplexen hormonellen Unterschieden zwischen den Geschlechtern
liegen. Östrogen, das primäre weibliche Geschlechtshormon, spielt eine wichtige
Rolle im Fettstoffwechsel und hat zudem neuroprotektive Eigenschaften.
Mit dem
Einsetzen der Menopause und dem damit verbundenen Abfall des Östrogenspiegels
verändert sich der Stoffwechsel bei Frauen grundlegend.
Dies könnte
erklären, warum Frauen nach der Menopause anfälliger für Veränderungen im
Fettstoffwechsel und damit möglicherweise auch für die Entwicklung von
Alzheimer sind. Die Studie zeigt, dass bei Frauen mit Alzheimer nicht nur die
Menge an ungesättigten Fettsäuren reduziert ist, sondern auch das Verhältnis
zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren verschoben ist.
Gesättigte
Fettsäuren, die hauptsächlich in tierischen Produkten wie Fleisch und
Milchprodukten vorkommen, waren bei den betroffenen Frauen erhöht, während die
gesünderen ungesättigten Fettsäuren vermindert waren. Besonders auffällig war
die Verminderung bestimmter Triglyzeride, die reich an ungesättigten Fettsäuren
sind und eine wichtige Rolle für die Funktion von Nervenzellen spielen.
Diese
spezifischen Veränderungen könnten zu einer verminderten Neuroplastizität
führen – der Fähigkeit des Gehirns, neue Verbindungen zu bilden und sich
anzupassen – und somit die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Die
Erkenntnis, dass diese metabolischen Veränderungen geschlechtsspezifisch sind,
unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Alzheimer-Forschung und -Behandlung
stärker auf geschlechtsspezifische Unterschiede zu achten. Was für Männer gilt,
muss nicht unbedingt für Frauen gelten – und umgekehrt. Dies könnte erklären,
warum bestimmte Präventionsstrategien oder Behandlungen bei einem Geschlecht
wirksamer sein könnten als beim anderen.
Präventionsstrategien:
Können Omega-3-Fettsäuren das Alzheimer-Risiko bei Frauen senken? Die
Ergebnisse der britischen Studie legen nahe, dass eine ausreichende Versorgung
mit Omega-3-Fettsäuren besonders für Frauen von Bedeutung sein könnte, um das
Alzheimer-Risiko zu reduzieren.
Dr.
Legido-Quigley, einer der führenden Wissenschaftler der Studie, betont in einer
offiziellen Mitteilung: „Unsere Studie legt nahe, dass Frauen darauf achten
sollten, Omega-Fettsäuren über ihre Ernährung aufzunehmen – durch fetthaltigen
Fisch oder Nahrungsergänzungsmittel."
Omega-3-Fettsäuren,
insbesondere die langkettigen Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure
(EPA), die vorwiegend in fettem Meeresfisch vorkommen, haben nachweislich
positive Effekte auf die Gehirngesundheit. Sie sind wichtige Bausteine der
Zellmembranen von Nervenzellen und unterstützen die Signalübertragung zwischen
Neuronen. Zudem haben sie entzündungshemmende Eigenschaften, die dem
neurodegenerativen Prozess entgegenwirken könnten. Eine omega-3-reiche
Ernährung könnte daher ein vielversprechender Ansatz zur Prävention von
Alzheimer bei Frauen sein. Zu den besten Quellen für Omega-3-Fettsäuren zählen:
- Fetter Fisch wie Lachs, Makrele, Hering und Sardinen - Algen und Algenöl
(besonders für Vegetarier und Veganer) - Leinsamen und Leinöl - Chiasamen –
Walnüsse
Für Frauen,
die diese Lebensmittel nicht regelmäßig konsumieren, könnten auch
Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren eine Option sein. Allerdings
betont Dr. Legido-Quigley auch, dass weitere klinische Studien notwendig sind,
um festzustellen, ob eine Veränderung der Lipidzusammensetzung durch Ernährung
oder Supplementierung tatsächlich den biologischen Verlauf der
Alzheimer-Krankheit beeinflussen kann. Neben einer omega-3-reichen Ernährung
gibt es weitere Faktoren, die zur Prävention von Alzheimer beitragen können,
wie regelmäßige körperliche Aktivität, geistige Stimulation, ausreichend Schlaf
und die Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen, übermäßigem Alkoholkonsum
und unbehandeltem Bluthochdruck. Diese Maßnahmen sollten in einen ganzheitlichen
Präventionsansatz integriert werden.
Zukünftige
Forschungsrichtungen: Geschlechtsspezifische Ansätze in der Alzheimer-Forschung
Die
Ergebnisse der britischen Studie unterstreichen die Notwendigkeit, in der
Alzheimer-Forschung verstärkt geschlechtsspezifische Unterschiede zu
berücksichtigen. Bislang wurden in vielen medizinischen Studien die besonderen
Bedürfnisse und biologischen Unterschiede von Frauen nicht ausreichend
beachtet, was zu einer Wissenslücke geführt hat, die nun langsam geschlossen
wird.
Die aktuelle
Studie eröffnet mehrere vielversprechende Forschungsrichtungen. Zum einen
könnte die Analyse des Fettsäureprofils als Biomarker für die Früherkennung von
Alzheimer bei Frauen dienen. Da die Veränderungen bereits bei milder kognitiver
Beeinträchtigung nachweisbar waren, könnten regelmäßige Blutuntersuchungen
dabei helfen, gefährdete Frauen zu identifizieren, bevor sich klinische
Symptome zeigen.
Unter
anderen sind klinische Interventionsstudien erforderlich, um zu untersuchen, ob
eine gezielte Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren oder eine entsprechende
Ernährungsumstellung das Alzheimer-Risiko bei Frauen tatsächlich senken kann.
Solche
Studien sollten langfristig angelegt sein und sowohl Frauen vor als auch nach
der Menopause einbeziehen, um den Einfluss hormoneller Veränderungen besser zu
verstehen.
Darüber
hinaus wäre es wichtig, die Mechanismen zu erforschen, durch die
Omega-3-Fettsäuren ihre schützende Wirkung entfalten. Dies könnte nicht nur zu
einem besseren Verständnis der Pathophysiologie der Alzheimer-Krankheit führen,
sondern auch neue therapeutische Ansätze ermöglichen.
Die
Forschung sollte auch untersuchen, ob und wie hormonelle Faktoren den
Fettstoffwechsel beeinflussen und ob eine Hormonersatztherapie in der Menopause
möglicherweise einen Einfluss auf das Alzheimer-Risiko hat.
Die
komplexen Zusammenhänge zwischen Hormonstatus, Fettstoffwechsel und kognitiver
Gesundheit bei Frauen bedürfen weiterer Aufklärung. Nicht zuletzt sollten
zukünftige Studien auch die Wechselwirkungen zwischen genetischen Faktoren,
Umwelteinflüssen und Lebensstilfaktoren berücksichtigen, um ein umfassendes
Bild der geschlechtsspezifischen Risikofaktoren für Alzheimer zu erhalten. Nur
durch einen solchen ganzheitlichen Ansatz kann die Forschung letztendlich zu
personalisierten Präventions- und Behandlungsstrategien führen, die den
spezifischen Bedürfnissen von Frauen und Männern gleichermaßen gerecht werden.
Fazit:
Neue Perspektiven für die Prävention und Behandlung von Alzheimer.
Die
britische Studie zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Alzheimer
markiert einen wichtigen Schritt in der Erforschung dieser neurodegenerativen
Erkrankung. Die Erkenntnis, dass Frauen mit Alzheimer ein spezifisches Muster
an Veränderungen im Fettstoffwechsel aufweisen, insbesondere einen Mangel an
ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, eröffnet neue Perspektiven für die Prävention
und möglicherweise auch für die Behandlung der Krankheit.
Die
Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung, die reich
an ungesättigten Fettsäuren ist, besonders für Frauen. Obwohl noch weitere
klinische Studien erforderlich sind, um die Wirksamkeit einer gezielten
Omega-3-Supplementierung zu bestätigen, spricht vieles dafür, dass eine
entsprechende Ernährungsumstellung zur Reduktion des Alzheimer-Risikos
beitragen könnte. Gleichzeitig verdeutlicht die Studie die Notwendigkeit, in
der medizinischen Forschung und Praxis verstärkt auf geschlechtsspezifische
Unterschiede zu achten.
Was für
Männer gilt, muss nicht zwangsläufig auch für Frauen gelten – und umgekehrt.
Diese Erkenntnis könnte langfristig zu personalisierten Präventions- und
Behandlungsstrategien führen, die den spezifischen Bedürfnissen beider
Geschlechter gerecht werden. Für Frauen, insbesondere solche in oder nach der
Menopause, unterstreichen die Forschungsergebnisse die Bedeutung einer
regelmäßigen Gesundheitsvorsorge, die auch den Fettstoffwechsel berücksichtigt.
Gespräche
mit dem Arzt über eine mögliche Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren könnten
sinnvoll sein, insbesondere wenn die Ernährung nicht ausreichend diese
wichtigen Nährstoffe liefert. Die Forschung zu Alzheimer steht an einem
Wendepunkt: Weg von der Suche nach einer einheitlichen Lösung für alle
Patienten, hin zu einem differenzierteren Ansatz, der die biologische Vielfalt
der Betroffenen berücksichtigt.
Die
Erkenntnisse zu geschlechtsspezifischen Unterschieden im Fettstoffwechsel sind
dabei ein wichtiger Baustein, der letztendlich dazu beitragen könnte, die
Alzheimer-Krankheit besser zu verstehen, früher zu erkennen und effektiver zu
behandeln.
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